Tauben bevölkern, wie viele andere Tiere, seit Jahrhunderten unsere Städte. Von den einen geliebt – als willkommene Mitbewohner und zum Stadtbild dazugehörend, denkt man an den Markusplatz in Venedig. Für andere dagegen sind Tauben lästige Störenfriede, die auch als „Ratten der Lüfte“ bezeichnet werden. Bei großer Population sorgen sie für Verschmutzungen und erhebliche Schäden an Gebäuden und baulichen Anlagen verursachen. Stadttauben gehören zur Familie der Tauben und stammen überwiegend von verwilderten Haus- und Brieftauben ab. Sie sind Haustiere und deshalb nicht als Wildtiere zu betrachten. Kommunen stehen rechtlich in der Verantwortung, sich um die in der Stadt lebenden Tiere zu kümmern.
Seit vielen Jahren sind zu große Taubenpopulationen in unseren Städten ein Problemfaktor, zudem ein herausforderndes Tierschutzproblem. Die Tiere leiden aufgrund von Fehl- und Mangelernährung, fehlender Betreuung bei Verletzungen und Krankheit, sowie ungeeigneter Nistplätze. Mit zahlreichen Vergrämungsmaßnahmen, wie beispielsweise Einsetzen von Greifvögeln, Fütterungsverboten u.a., versuchen Kommunen mehr oder weniger erfolgreich die Population von Stadttauben zu reduzieren. Seit Jahrzehnten arbeiten ungefähr 50 Städte erfolgreich mit dem sogenannten „Aachener“- oder „Augsburger“-Modell und richteten betreute Stadttaubenschläge ein. Seit 1995 betreibt die Stadt Aachen solche betreuten Stadttaubenschläge. Derzeit sind dies neun Schläge, in denen über 60 % der im Stadtgebiet lebenden Tauben betreut werden. Die Finanzierung erfolgt hier zu 100 % über die Kommune. Die Stadt Augsburg führte dieses Stadttaubenprojekt 1996 ein und betreut derzeit 18 Schläge. Die Finanzierung erfolgt hier über einen Tierschutzverein mit Unterstützung der Stadt. Die Stadt Pforzheim betreibt schon seit 1990 einen betreuten Taubenschlag, aber bis heute nur diesen einen.
Die Betreuung solcher Taubenschläge erfordert regelmäßiges Füttern der Tauben, Reinigung und Kotentfernung, regelmäßigen Eieraustausch, das bedeutet Taubeneier gegen Gips Eier, in den Nistplätzen, um die Populationen zu reduzieren durch entsprechend ehrenamtlich tätige Taubenwarte. Ebenso ist eine tierärztliche Betreuung für kranke und verwaiste Tiere zu organisieren und ein Ansprechpartner beziehungsweise Beauftragter für die Taubenprojekte in den jeweiligen Kommunen notwendig.
Als Erfolge dieser Projekte können verzeichnet werden, dass sich die Problematik an den Hotspots erheblich entschärft hat, sich die Populationen nachweislich reduziert haben und sich die Tiergesundheit wesentlich verbessert hat. Auch Verschmutzungen durch Taubenkot in den Stadtgebieten konnten reduziert werden und Beschwerden von Bürger*innen über Belästigung durch Tauben sind zurückgegangen.
Betreute Stadttaubenschläge nach dem „Aachener und Augsburger Modell“ sind also Erfolgsprojekte, denn sie sind nachhaltig und tierschutzgerecht und sind daher auch für Thüringer Städte eine gute Option und empfehlenswert.
von Marit Wagler (MdL, Die Linke)