Kommunale Demokratie in Zeiten der Krise – ein Beitrag von Sascha Bilay (MdL)
Die Corona-Krise wirkt sich in allen Bereichen des Lebens aus. Davon sind die Kommunen und ihre inneren Abläufe direkt betroffen.
Der Erlass des Landes Thüringen vom 16.03.20, Versammlungen ab 50 Personen zu untersagen und bei weniger Menschen strenge Auflagen zu erteilen, gilt auch für die Gremienarbeit in Gemeinde- und Stadträten sowie Kreistagen. Die sind nach dem Ordnungsbehördengesetz zuständig für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Bei der Absage der kommunalen Gremiensitzungen greifen die (Ober-)Bürgermeister*innen und Landrät*innen zum einen auf ihr Recht zurück, zu den Sitzungen einzuladen (§§ 35 Abs. 2 ThürKO). Dieses Recht schließt die Absage von Sitzungen ein.
Damit sind die Verwaltungen jedoch nicht zur Untätigkeit verdammt. Alle Angelegenheiten der laufenden Verwaltung sind ohnehin der Mitwirkung der Gemeinde- und Stadträte sowie Kreistage entzogen, weil diese Aufgaben der Bürgermeister/Landrat in eigener Zuständigkeit erledigt (§§ 29 Abs. 2 und 107 Abs. 2 ThürO). Das Recht der Bürgermeister und Landräte, Eilentscheidungen auch allein treffen zu können (§§ 30 und 108 Thür KO) in Angelegenheiten, für die sonst eine Zustimmung der kommunalen Räte erforderlich ist, ist auf Ausnahmesituationen beschränkt. Damit soll verhindert werden, dass kein Nachteil für die Gemeinden, Städte und Landkreise entsteht, wenn diese Entscheidungen bis zur nächsten Gremiensitzung aufgeschoben werden.
Mit dem Erlass des Landes vom 19.03.20 wurden sämtliche Ansammlungen von Menschen untersagt. Zulässig sind nur Ansammlungen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienen, sofern entsprechende Auflagen eingehalten werden. Nach Ablauf dieser Frist können
Beratungen der Gremien jedoch unmittelbar, unter Fristverkürzung für dringliche Sitzungen (§§ 35 Abs. 2 ThürKO) stattfinden.
Ja, die (Ober-)Bürgermeister und Landräte sind demokratisch gewählt; sie verfügen aufgrund der Direktwahl über eine starke Sonderrolle, die sie insbesondere in der Krisenzeit zu solchen Schritten legitimiert. Aber es muss eine begründete Ausnahme bleiben. Die Verwaltungen sind deshalb gut beraten, keine Entscheidungen zu treffen, die unnötig in die Rechte der Gremien eingreifen.
Auch die Gemeinderäte, Stadträte und Kreistage sind demokratisch gewählt. Sie bilden die gesamte Gesellschaft ab und sind originär für Entscheidungen verantwortlich. Die Amtsträger sollten bei anstehenden Eilentscheidungen die demokratischen Gremien einzubeziehen unter Offenlegung aller Argumente und diese umfassend informieren.
Das Recht der Verwaltungsspitzen, Entscheidungen anstelle der Gremien zu treffen, schließt auch finanzielle Aspekte ein. Über- und außerplanmäßige Ausgaben (§ 58 ThürKO) können getätigt werden, sofern sie unabweisbar sind. Unabweisbar dürften in der aktuellen Krisenzeit vor allem Maßnahmen sein, die dem Gesundheitsschutz in den zuständigen kreisfreien Städten und Landkreisen dienen (siehe Haushalt UA 501).