Ende Juni fand in Elgersburg die erste „junge Kommunalakademie“ der Thüringer Linksjugend statt. Bei Workshops und Vorträgen tauschten sich 15 junge Menschen über Themen wie die Kommunalordnung, Wahlkampforganisation und Mitbestimmungsmöglichkeiten aus. Auch die Thüringengestalter stellten sich und ihr Bildungsangebot vor.
Wir sprechen mit Anastasia (23 Jahre), Chantal (20 Jahre), Leon (21 Jahre) und Dylan (24 Jahre) über den Einstieg in die Kommunalpolitik als junger Mensch. Es geht darum, was sie zu einer eventuellen Kandidatur bei den Kommunalwahlen 2024 motiviert und welche Hürden sich stellen können:
Welche Themen sind euch denn wichtig?
Anastasia: Vor allem soziale Themen sprechen mich wegen meiner politischen und sozialen Herkunft an, auch die Infrastruktur ist im ländlichen Raum ein sehr großes Thema, das mehr Aufmerksamkeit benötigt.
Leon: Ich komme aus einem Dorf mit etwa 140 Einwohnern. Da ist die Versorgungssituation der Leute immer ein großes Thema. Man muss soziale Projekte anregen, wie eben das Dorfleben. Ansonsten muss man zum Beispiel über Lebensmittelautomaten nachdenken und über Rufbusse, damit eher abgelegenere Regionen bessere Anbindungen an größere Städte haben und es eine gute Allgemeinversorgung gibt.
Dylan: Mir ist wichtig, dass Erfurt, wo ich lebe, sich als schöne Stadt gut weiterentwickelt und attraktiver wird für junge Menschen. Mich interessiert die Kulturpolitik, und dass alle Menschen die vorhandenen Freizeitmöglichkeiten nutzen können. Es gibt viele kulturelle Möglichkeiten, manche sind aber leider nicht so in der Öffentlichkeit sichtbar. Vieles ist auch zu teuer. Ich würde das gerne zugänglicher gestalten.
Chantal: Ich wohne in Weimar und würde aus dieser geschichts- und kulturträchtigen Stadt gerne noch mehr rausholen. Außerdem braucht es bezahlbaren Wohnraum, gerade für junge Menschen ist das ein wichtiges Thema. Und grundsätzlich Antifaschismus und die Vertretung von jungen Menschen in der Politik.
Was ist für dich das Für und Wider einer Kandidatur?
Anastasia: Dafür spricht, dass man seine eigenen Ideen und Projekte umsetzen kann. Dass man sich für Menschen einsetzen kann und mit Menschen aus verschiedenen sozialen Situationen austauscht. Dabei stößt man auf Probleme, die man selbst vielleicht nicht auf dem Schirm hatte und kann dagegen kämpfen und sie im besten Fall sogar lösen. Gegen eine Kandidatur – ja, das mit der Aufmerksamkeit ist etwas, das man in Kauf nehmen muss.
Chantal: Positiv ist definitiv, dass wir mehr junge Menschen in der Politik brauchen, gerade in der Kommunalpolitik. Negativ ist eher, dass es eben ein Ehrenamt ist und man vielleicht nicht immer genug Zeit hat.
Dylan: Es ist schon eine große Sache. Ich habe Respekt vor Menschen, die sich einsetzen in der Kommunalpolitik. Man muss viel in seinem Leben mit der Kommunalpolitik arrangieren können und trotzdem einen Ausgleich und Zeit für das Privatleben finden. Man muss schon dafür brennen und für sich auch die richtige Zeit gefunden haben. Wenn es so weit wäre, würde ich auf jeden Fall auch gerne in die Kommunalpolitik einsteigen.
Leon: Für eine Kandidatur spricht, dass man sich selbst im kleinsten Rahmen für eine bisschen bessere Welt einsetzen will, dass man das Ziel hat, ein möglichst gutes Leben für alle zu erreichen. Dagegen sprechen die Anfeindungen, die man erleben wird, der Stress des Wahlkampfes und dass man vielleicht gegen Windmühlen kämpft, wenn genug Leute im Stadtrat destruktiv arbeiten und alles so lassen wollen, wie es ist.
Was denkst du braucht es, damit mehr junge Menschen in der Kommunalpolitik einsteigen?
Chantal: Ich denke, es wäre gut, vielleicht die Zeiten anzupassen – familienfreundlicher zu gestalten. Vor allem ist es wichtig, junge Menschen ernster zu nehmen – ich habe häufig das Gefühl, dass gerade ältere Männer, junge Menschen – gerade junge Frauen – oft nicht so ernst nehmen. Es wäre wichtig, daran zu arbeiten.
Dylan: Sie sollten wissen, dass es eigentlich spannend ist – wir könnten so viel verändern, wenn junge Menschen in die Politik gehen. Es sollte vermittelt werden, dass Kommunalpolitik so viel bewegen kann.
Leon: Es muss Verständnis dafür herrschen, was man konkret verändern kann – dann fallen einem sofort Dinge vor Ort ein, die man ändern kann. Es braucht auch Ermutigung und Empowerment, um die Leute zu befähigen und ein Bewusstsein zu schaffen, dass man sich zusammentun und für positive Veränderungen kämpfen kann und dabei auch nicht alleine steht.
Anastasia: Ich denke, es braucht eine Symbiose aus einer helfenden Hand, aber auch Akzeptanz, dass man einen eigenen Weg gehen möchte und keine Lust hat auf Aussagen hat wie „das haben wir ja schon immer so gemacht, das wird weiter so gehandhabt“.