Der internationale Frauentag stellt seit jeher einen Tag dar, an dem von und für Frauen in Belangen der Gleichberechtigung und Emanzipation aufmerksam gemacht, eingestanden und gekämpft wird. Erschreckend ist jedoch, dass Frauen vor allem im kommunalpolitischen Bereich immer noch ihren männlichen Kollegen zu weiten Teilen das Schlachtfeld überlassen. Eine Anfrage des Thüringer Landtag bestätigte das.
Von insgesamt 624 Gemeindebürgermeister*innen sind gerade einmal 91 Frauen. Das entspricht gerade mal 14,6%. Beim Rennen der sechs gewählten Oberbürgermeister*innen Thüringens ist nur eine Frau dabei. Höher ist der Frauenanteil bei den Landrät*innen. Hier sind immerhin fünf von 17 gewählten Vertretern weiblich. Gemessen an den Zahlen aus dem Jahr 2010 konnte zwar ein leichter Anstieg der Frauenquote in kommunalen Gremien verzeichnet werden, jedoch sind diese Zustände noch weit von einer bevölkerungsgleichen Geschlechterverteilung von 50-50 entfernt.
Thüringen ist damit etwa gleichauf mit dem Rest von Deutschland. Eine Studie der Forsa im Auftrag der EAF aus dem Jahr 2020 zeigt, dass deutschlandweit nur 10% aller Bürgermeister*innen Frauen sind. Gleiches gilt für Landrät*innen. Von allen kommunalen Mandaten sind insgesamt 27% weiblich besetzt.
Aber wie kommt es, dass im kommunalen Bereich der Frauenanteil so gering ist, gelten doch hier die Zugangshindernisse zu öffentlichen Ämtern im Allgemeinen als niedriger als im landes- oder bundespolitischen Feld?
Problematisch gestaltet sich, dass familiäre Verpflichtungen hier mit den Pflichten kommunaler Mandatsträger kollidieren. Sitzungen dauern meist lange. Abendveranstaltungen gehören zur Regel. Eine außerfamiliäre Kinderbetreuung ist oft nicht gewährleistet. Dazu kommt, dass vor allem auf kommunaler Ebene politische Ämter meist ehrenamtlich und unbezahlt oder zumindest nur gering entschädigt sind. Somit ist es neben dem „normalen“ Job schwer, auch noch ein kommunales Mandat auszufüllen. Auch Konzepte, die die Ausübung in Teilzeit erlauben sind bisher eher Mangelware. Umso größer dabei die zu betreuende Gemeinde ist, desto höher der Arbeitsaufwand. Daher ist nicht überraschend, dass die Chancen auf eine weibliche Kandidatin für das Bürgermeister*innenamt mit zunehmender Gemeindegröße sinken.
Wie kann also gegen diese Zustände vorgegangen werden? Einen Anstoß dazu bildet die „Mainzer Resolution“. Diese setzt sich für mehr Frauen mit Führungsverantwortung in Kommunen ein. Ein Hauptpunkt ist dabei, die Sitzungen familienfreundlicher zu gestalten. Das bezieht sich sowohl auf die Tagungszeiten als auch auf die Teilnahmeverpflichtungen. Wie die Gremienarbeit in Pandemiezeiten gezeigt hat, können hier auch digitale Formate zum Tragen kommen und in den geregelten politischen Alltag integriert werden. Auch können und müssen regionale Arbeitgeber in die Pflicht genommen werden, indem flexible Arbeitszeiten für politisch engagierte Mitarbeiterinnen geschaffen werden. So können vor allem junge Mütter Familienleben und politisches Engagement besser aufeinander abstimmen. Unabhängig davon ist natürlich weiter eine gerechtere Verteilung der Erziehungszeiten zwischen Partnern anzustreben.
Aus allen genannten Möglichkeiten, um den Frauenanteil in kommunalen Ämtern zu erhöhen, hat sich jedoch vor allem gezeigt, dass der wichtigste Lösungsansatz in der Stärkung des Selbstbewusstseins der Frauen liegt. Es mangelt nicht an politischem Interesse. Es fehlen weibliche Vorbilder in der Politik, Mentoring-Programme und der Austausch über politische Themen zwischen den Frauen. Dafür müssen Netzwerke und Anlaufstellen geschaffen werden. Kann der Mangel an Selbstbewusstsein im Zusammenhang mit der Eignung zur Führung kommunaler Verbände erst überwunden werden, so steht einer starken, weiblich mitgestalteten Lokalpolitik nichts mehr im Wege.
Deshalb: Frauen – traut euch in die Kommunalpolitik!
Weiterführende Links:
P_Frauen-Fuehren-Kommunen_Studie.pdf (frauen-macht-politik.de)
Engagiert vor Ort – Wege und Erfahrungen von Kommunalpolitikerinnen (bmfsfj.de)
Text: Judith Schäffer