Torsten Blümel (DIE LINKE) ist seit 2019 Bürgermeister von Artern, als gerade auch die Verwaltung neu zusammengewürfelt wurde. Im Amt hat der frühere Fraktionsvorsitzende im
Kreistag die Kunst der Diplomatie gelernt, die es braucht, um Mehrheiten zu organisieren.
Der Bürgermeister der Stadt Artern ist bereits seit 1999 kommunalpolitisch, sowohl im Stadtrat als auch im Kreistag aktiv. Im Kreistag ist er auch Fraktionsvorsitzender in ihrer links-grünen Fraktion. „Als linker Bürgermeister schaut man natürlich in die soziale
Richtung, zum Beispiel zu den Vereinen, diese zu fördern und die Stadt allgemein zu unterstützen. Denn das sind immer so Sachen, an die oftmals zuletzt gedacht wird.
Das ist aber ganz wichtig für den Zusammenhalt der Stadt“, fasst er seine Arbeit für uns zusammen.
Was ist das Besondere am Bürgermeisteramt? Was hast du persönlich gelernt?
Man lernt den Umgang im Stadtrat anders kennen. Als Bürgermeister kann man nicht mehr so lospoltern, wie man es früher als Fraktionsvorsitzender getan hat, sondern muss gucken, dass man sich die Mehrheiten sucht, um alle mit einzubinden.
Wobei ich denke, das ist in Artern überraschenderweise gut gelungen, weil wir bestimmt 95 Prozent der Beschlüsse momentan im Stadtrat einstimmig fassen. Das ist eben auch ganz wichtig, wenn ich da auch so in andere Stadträte schaue, was da teilweise für Stimmungen sind, das hilft dann natürlich am Ende der Stadt nicht weiter. Man lernt auch einen anderen Umgang mit Menschen, denn als Fraktionsvorsitzender kommt meist eine bestimmte Art von
Menschen auf einen zu. Zum Bürgermeister kommen dagegen alle Menschen und man muss lernen, wie man mit den unterschiedlichsten Leuten umgeht. Die Menschen kommen mit den verschiedensten Anliegen. Manche kommen mit sehr ernsten Themen und sind schon froh, wenn sich eine Kleinigkeit verbessern kann. Und andere kommen halt eher mit „Kleinigkeiten“ und laufen direkt zur Zeitung, wenn sie denken, ihr Anliegen wird nicht entsprechend behandelt. Die Balance zu finden, das ist auch immer ganz wichtig, denn die Menschen in der Stadt gucken natürlich auf mich und erhoffen sich auch Hilfe.
Was sind denn die aktuellen Herausforderungen und Themen bei euch in Artern?
Eine der Herausforderungen der letzten Jahre war, dass wir 2019 mit zwei anderen Gemeinden fusioniert sind. Das bedeutet ganz neue Herausforderungen – generell im Zusammenhalt, aber auch in der Einbindung der neuen Ortschaften in das Stadtgebilde.
Das ist nicht so einfach, da entsteht schnell eine skeptische Haltung uns gegenüber, ob man auch allen dabei gerecht wird. Das ist so ein Schwerpunkt in den letzten Jahren gewesen. Eine weitere Herausforderung für mich war, dass ich im Juli 2019 dadurch in eine Verwaltung gekommen bin, die neu zusammengewürfelt wurde. Und dann noch ein neuer Bürgermeister dazu, da muss sich dann natürlich einiges erst finden.
Eine weitere Schwierigkeit ist, dass man anfängt zu planen – es gibt ja einen großen Investitionsstau – und wenn man dann so weit ist, dass man das Geplante durchfinanziert hat,
geht irgendwo eine Radwegbrücke o.ä. kaputt. Das wirft am Ende natürlich alles wieder durcheinander. Der beste Plan nützt eben nichts, wenn dann so kleine Katastrophenfelder
dazwischenfunken. Man muss auf jeden Fall sehr spontan bleiben.
Erzählst du uns noch eine Anekdote aus deinem Alltag in der Kommunalpolitik?
Ich hatte gestern Abend eine interessante Begegnung. Ich bin an der Straße entlanggelaufen und auf der anderen Straßenseite standen zwei Frauen mit einem Kind, das wohl so vier oder fünf Jahre alt war. Ich laufe also vorbei, auf einmal ruft das Kind herüber: „Hallo Herr Bürgermeister“. Die Frauen schauten sich ganz überrascht an, weil sie mich nicht gesehen
hatten, aber das Kind eben schon. Und wir lachten dann natürlich herzhaft. Damit rechnet man ja nicht unbedingt, dass Kinder da schon so aufmerksam sind. Ich finde das spannend
und auch ganz witzig, dass schon Kinder einen Blick für sowas haben.